Johannes Brahms (1833 - 1897)
Variationen über ein Thema von Robert Schumann op.9 (1854) | 15:12 | |
Sonate f-Moll für 2 Klaviere op.34b (1864) Bearbeitung für Klavier vierhändig (© TL 2000) | |||
I. | Allegro non troppo | 10:40 | |
II. | Andante, un poco Adagio | 07:37 | |
III. | Scherzo - Allegro | 06:55 | |
IV. | Finale: Poco sostenuto - Allegro non troppo | 09:16 | |
Vier Klavierstücke op.119 (1893) | |||
I. | Intermezzo h-Moll - Adagio | 03:19 | |
II. | Intermezzo e-Moll - Andantino un poco agitato | 04:41 | |
III. | Intermezzo C-Dur - Grazioso e giocoso | 02:55 | |
IV. | Rhapsodie Es-Dur - Allegro risoluto | 04:51 |
Schumann-Variationen op.9 Diese Folge von 16 Variationen reflektiert die Ereignisse des Jahres 1854, in welchem Schumann nach einem Nervenzusammenbruch und anschließendem Selbstmordversuch in der privaten Nervenheilanstalt Endenich Zuflucht suchte. Das Werk ist Clara Schumann gewidmet, mit der ursprünglich eine Gemeinschaftskomposition geplant war und die ihrerseits Variationen über dasselbe Thema geschrieben hatte, das Schumanns Sammlung „Bunte Blättern” op.99, einer späten Nachlese verstreuter kleiner Kompositionen entstammt. Dieses Thema ist von schlichtem, wehmütigem Charakter und birgt in der Brahm'schen Anverwandlung Momente der Vorahnung von Schumanns schwerem Schicksal. Dementsprechend dient es nicht nur als Grundlage kunstvoller Variationstechnik, sondern bildet auch den Ausgangspunkt einer stilistischen Annäherung an Schumanns Klavierstil, als Huldigung dem Freund und Komponisten gegenüber und Ausdruck unmittelbarer Anteilnahme an dessen tragischen Lebensumständen.
In der Variation 9 greift Brahms auf ein weiteres Stück aus den „Bunten Blättern” [Zurück], das er in Form einer Paraphrase in motivische Beziehung zum Themas setzt, wie überhaupt viele der Variationen im Schumannschen Geiste komponiert zu sein scheinen. Darüber hinaus gerieten ihm die kleinen, kontrapunktisch dicht gearbeiteten Stücke zu einem frühen Beispiel meisterhafter Variationskunst. So seien vor allem die zahlreichen Kanon-Variationen erwähnt, wie z.B. der Kanon in der Oktave (Var.8), in der oberen Sekunde (Var,14), in der unteren Sext zwischen Sopran/Bass (Var.15) und ein Spiegelkanon (Var.10). Letztgenannte Variation trägt im Autograph die Überschrift „Rosen und Heliotrop haben geblüht” und zitiert in den Schlusstakten ein Thema Claras, das Schumann bereits in seinen „Impromptus über ein Thema von Clara Wieck” op.5 verarbeitet hatte. Die Schumann-Variationen sind unter Brahms' zahlreichen Variationszyklen am seltensten zu hören, was mit ihrem durchwegs intimen Charakter und dem Fehlen einer authentischen Schlusswirkung erklärt werden kann. So wird die Kontur der letzten Variation nur noch von einer schlichten Basslinie bestimmt, fragmentarische, kadenzartige Einwürfe lassen die Musik im ppp verstummen. Thomas Lefeldt 1999 |
Sonate f-Moll für 2 Klaviere op.34b
Diese Komposition wurde von Brahms zunächst als Streichquintett entworfen und dann als Sonate für zwei Klaviere umgearbeitet, aus der das Klavierquintett f-Moll op.34a als wesentlich bekanntere Fassung hervorging. Für die hier vorliegende vierhändige Bearbeitung musste der originale Notentext nur geringfügig verändert werden, indem die für das vierhändige Arrangement hinderlichen Tonverdoppelungen weggelassen wurden. Der besondere Reiz des Wechselspiel von zwei Klavieren (in der Quintettfassung zwischen Klavier und Streichern), besonders sinnfällig bei korrespondierenden Themenabschnitten, ist in der vierhändigen Ausführung natürlich nicht gegeben.
Mit Ausnahme der träumerischen Atmosphäre des zweiten Satzes herrschen in diesem Werk die rauhen, ungestüm-leidenschaftlichen Töne vor. Wird dieser Klangeindruck noch in der Quintettfassung durch das warme Timbre der Streicher gemildert, so tritt er in der Klavierfassung um somehr in den Vordergrund, als sich bisweilen sogar perkussive Elemente (3. Satz) dazu mischen. Der 1. Satz beginnt mit einem melodischen Unisono-Kopfmotiv, das die Keimzelle der nachfolgenden heftigen Sechzehntelbewegung bildet, mit der die weitere Entwicklung dieses ersten thematischen Hauptabschnittes vorangetrieben wird. Als Gegensatz dazu fungiert ein Seitensatz in cis-Moll, dessen charakteristische Oktavsprünge und weit ausholende Melodik zum Ausgangsmaterial für die groß angelegte Durchführung wird. Die Coda greift das 1. Thema in einem nach F-Dur gewendeten Ruhepunkt nochmals auf und treibt es in einem letzten Ansturm einer dramatischen Schlusswirkung zu. Der 2. Satz ist ein leise bewegtes Adagio, das als lichtes Intermezzo zwischen den dunklen Blöcken der anderen Sätze steht. Eine zarte Synkopierung auf den Taktschwerpunkten hält dabei die in Terzen und Sexten geführte Melodie beständig in der Schwebe. Der Hauptteil des nachfolgenden 3. Satzes (Scherzo), besteht aus drei gegensätzlichen Themenabschnitten: einer einleitenden, synkopiert aufwärtsstrebenden melodischen Linie, einem rhythmisch prägnanten, punktierten Sechzehntelmotiv im 2/4 Takt und einem daraus abgeleiteten, kraftvoll triumphierenden Akkordthema, das sich dem pulsierenden Rhythmus dieses Stückes, der sich schließlich in wirbelnden Oktavrepetitionen entlädt, entgegenstellt. Kurzfristige Entspannung bietet das eingeschobene Trio, dessen sonore, ruhig fließende Kantilene dem akkordischen Thema des Scherzos verwandt ist. Der 4. Satz setzt mit einer langsamen Einleitung ein, die (vergl. Sonate f-Moll op.5) zwischen den vehementen Rhythmen des vorangegangenen Scherzos und dem sich anschließenden weitläufigen Finale vermittelt. Dessen Hauptgedanke trägt in seiner tänzerischen Gestalt fast rondoartige Züge, wenngleich auch hier wieder die dunkleren Stimmungsmomente überwiegen und die sich anbahnende dramatische Entwicklung vorausahnen lassen. Ein chromatisch gefärbter Seitensatz bildet in seiner polyphonen Stimmführung und seiner rhythmischen Akzentuierung einen wirkungsvollen Gegensatz zum Hauptthema und mündet in einen Abschnitt konfliktreicher Zuspitzung. Nach kurzer Überleitung setzt die Reprise, in der das erste Thema eine durchführungsartige Fortentwicklung erfährt, ein. Der finalen Anlage dieses Satzes entsprechend befindet sich aber der eigentliche Durchführungsteil am Ende des Stückes, er formt das Hauptthema in eine ruhelos treibende Sechsachtelbewegung (Presto) um und steigert das ursprünglich lyrisch gehaltene Thema des Seitensatzes zu tragischer Dimension. Nach kurzer Beruhigungsphase wird der Schluss in jagender Synkopierung und schroff aufgetürmten Akkorden abrupt wie unversöhnlich herbeigeführt. Thomas Lefeldt 2000 |