Clara Schumann (1819 - 1896)
Variationen op.20 (1853) über ein Thema von Robert Schumann |
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Variationen op.20 Das kompositorische Schaffen Clara Schumanns umfasst neben Kammermusik, Liedern und einem Klavierkonzert mehrheitlich solistische Klavierwerke und ist überwiegend dem Bereich der Solon- und Virtuosenmusik zuzuordnen. Zu den späteren, bedeutenderen Stücken, die unter dem Einfluss Robert Schumanns entstanden, zählen u.a. die Präludien und Fugen op.16 (1845), die Variationen über ein Thema von Robert Schumann op.20 sowie die Romanzen op. 21 (1853/54). Die sieben Variationen op.20 stehen in zeitlicher und thematischer Beziehung zu den Schumann-Variationen von Brahms, die nicht nur dasselbe Thema zum Ausgangspunkt haben, sondern auch anspielungsreiche Querverbindungen aufweisen. Allerdings scheinen Claras Variationen - fertiggestellt im Juli 1853, also noch vor Brahms' Ankunft in Düsseldorf - diesen zu seiner Komposition (1854) angeregt zu haben; darüber hinaus sind auch einige kontrapunktischen Techniken wie z.B. die des Kanons in Claras Variationen vorweggenommen. Variationstechnisch gesehen ist Brahms' Komposition entwickelter und souveräner, ist sie doch Ausdruck früher Meisterschaft und zugleich jugendlichen Überschwangs im Spannungsfeld der Beziehung zu Clara und Robert Schumann („über ein Thema von Ihm, Ihr zugeignet”). Clara widmet ihre Variationen „Ihm” (Robert), und zu einer Zeit, als ihre Ehe bereits bereits durch dessen sich abzeichnende Erkrankung schwer belastet war. Dem Thema, einem Albumblatt (1841) aus der Sammlung „Bunte Blätter” op.99, stellt sie - als Rückblick - in der letzten Variation ihr eigenes so genanntes „Symbiose”-Thema aus der „Romance varieé” op.3 (1831/32) zur Seite, das Schumann in den „Impromptus” op.5 (1833) verwendet hatte und das Brahms in seiner, den Schumann-Variationen später hinzugefügten berühmten Variation 10 - als Huldigung an Clara - ebenfalls aufgreift. Im Gegensatz zu Brahms' Variationstechnik, die das Thema unablässig verwandelt und im immer neuen Licht verschiedener romantischer Charaktere auftreten läßt, bleibt Clara der thematischen Grundgestalt bis zum Schluss treu und variiert lediglich deren Erscheinungsbild, z.B. mit Transpositionen nach Dur - so in der Variation 3 und in den Schlusssequenzen der 7. Variation -, die zum Wechsel des Stimmungsgehalts (im Sinne von „minore” und „maggiore”) beitragen. Der Klaviersatz ist - mit Ausnahme von Nr. 5, einer eher großflächig angelegten Akkord- und Oktavenvariation - größtenteils durchsichtig-polyphon und ausgesprochen pianistisch, virtuose Glanzlichter werden sparsam aber wirkungsvoll gesetzt und erinnern gelegentlich an Chopin. Die Harmonik orientiert sich weitgehend am Schema des Themas, zeigt aber auch reizvolle chromatische Nuancen, vor allem in den Übergängen und den sorgsam ausgearbeiteten kanonischen Partien. So weisen diese Variationen eine durchaus eigenwillige und persönliche Handschrift auf und sind in ihrem Ernst und ihrer ausgereiften satztechnischen Durcharbeitung so manchem Klavierwerk Robert Schumanns ebenbürtig. Thomas Lefeldt 1999 |